Die Exkursion stand unter dem Untertitel: Der Harpener Bach in Bochum – die Sanierung eines hochbelasteten Fließgewässersystems
Am Harpener Bach werden umfangreiche Grubenwasser-Mengen des Steinkohlenbergbaus als Ewigkeitslasten eingeleitet. Diese sind um 20° warm und stark Salz haltig. Die Einleitungsstelle ist in den Harpener Teichen. Der Harpener Bach wurde jetzt um die Teiche herumgeleitet, so dass Bachwasser und Grubenwasser getrennt werden konnten. Mit einer kleineren Gruppe wurden die entscheidenden Stellen am Gewässer besichtigt und anhand von alten Fotos, Karten und Plänen erläutert. Es war viel Zeit zur Nachfrage. Daraus entwickelte sich eine lebhafte Diskussion zu den umgesetzten und zukünftigen Maßnahmen. Im nachfolgenden Bericht können Details zum Gewässer, die vorgestellt und diskutiert wurden, nachgelesen werden.
Der Harpener Bach ist ein Fließgewässer, das im Osten der Stadt Bochum von Bochum-Gehrte über -Harpen / -Werne nach -Langendreer fließt und im heutigen Kemnader Stausee in die Ruhr mündet. Ursprünglich floss er durch die ausschließlich ackerbaulich genutzten Hellwegbörden. Der Harpener Bach wurde schon früh in der Industrialisierungsphase des Ruhrgebietes im 19. Jahrhundert mit Abwässern des Steinkohlebergbaus und der Nebenproduktgewinnung (Kokereien) belastet. Schon 1904 waren infolge massiver Bergsenkungen umfangreiche wasserbauliche Maßnahmen zur Sicherung des Abflusses und zum Schutz der Bevölkerung vor hygienischen Gefahren sowie vor Hochwasser nötig.
Der Harpener Bach ist ein nach EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) berichtspflichtiges Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen, im Ruhrgebiet zwischen den Städten Bochum und Dortmund gelegen. Er ist einer der wenigen größeren Zuflüsse der Ruhr, die aus Norden her der Ruhr im mittleren Ruhrgebiet zufließen. Sein Einzugsgebiet ragt weit in das Einzugsgebiet der Emscher hinein. Die Quelle befindet sich in Dortmund-Bövinghausen. Der Harpener Bach fließt generalisiert in Nord-Süd-Richtung nach 13,4 km der Ruhr zu. Im Oberlauf ist er zudem die Stadtgrenze zwischen Bochum und Dortmund. Einziger Zufluss aus östlicher Richtung ist der berichtspflichtige Langendreer Bach. Aus westlicher Richtung fließen ihm sieben nicht berichtspflichtige Gewässer zu. Die größeren sind der Gerther Mühlenbach, der Kirchharpener Bach, der Karolinenbach, der Schattbach sowie der Lottenbach. Die preußische Uraufnahme von 1840 das Gewässereinzugsgebiet absolut landwirtschaftlich geprägt und äußerst dünn besiedelt. Direkte Ortschaften am Harpener Bach gibt es nicht. Ein nahezu umgekehrtes Bild stellt sich heute dar: sein Einzugsgebiet ist überwiegend mit Siedlungs- als auch Gewerbe-, Industrie- und Verkehrsflächen belegt.
Fließgewässerlandschaft, Gewässertyp
Der Harpener Bach ist als LAWA-Typ 6, feinmaterialreiche carbonatische Mittelgebirgsbäche eingestuft (LAWA 2004). Dies entspricht dem Fließgewässertyp nach NRW-Typologie kleiner Talauebach im Deckgebirge (LUA 1999). Auf der Abbildung wird deutlich, dass der Harpener Bach in seinem Ober- und Mittellauf in die Lösslehm geprägte Hellweg-Bördenlandschaft eingebettet ist. Alle nordwestlich und nordöstlich entspringenden, berichtspflichtigen Gewässer seiner Umgebung sind diesem Gewässertyp 18 zugeordnet (LAWA 2004).
Wasserbauliche Historie
Der Langendreer Bach war um 1904 mit deutlichem Erosionsprofil durch Hochwasser und damals herrschende hygienische Missstände gekennzeichnet. Dem waren umfangreiche Bergsenkungen im Einzugsgebiet vorangegangen, infolgedessen die Vorflut nicht mehr gewährleistet war, sodass Versumpfungszonen entstanden. Zu dieser Zeit wurden im Einzugsgebiet des Harpener Bachs 17 Bergwerke, fünf Kokereien und eine Drahtfabrik betrieben. Der natürliche Abfluss wurde mit 2,6 l/s festgestellt. Die Einleitung an Grubenwässern betrug damals schon 50 l/s. Da es nahezu keine Abwasserreinigung gab, konnte das Gewässer nicht mehr zur Viehtränke, zur Fischerei sowie zur Trinkwasserentnahme genutzt werden. Die sich staunenden, giftigen Abwässern der Kokereien als auch der hygienisch bedenklichen häuslichen Abwässer führten bereits um die Jahrhundertwende zu Typhus-Epidemien. Dies wurde zum Anlass genommen, 1904 ein Meliorationsprogramm für das Harpener Bach-System aufzustellen.
Im Bereich der Harpener Bach-Mündung, vor Einleitung in die Ruhr, wurde 1928 durch den späteren Vorstandsvorsitzenden, Karl Imhoff, die Kläranlage Bochum-Harpener Bachtal des Ruhrverbandes geplant und gebaut. Es wurden Absetzbecken mit gigantischen Ausmaßen realisiert. Der Harpener Bach wurde mit Betonausbau durch diese Anlage geführt, das war seinerzeit der modernste Gewässerausbau Im Bereich des heutigen Ümminger Sees wurden damals Klärteiche für den Bergbau betrieben.
In den 1930er Jahren kam es zum Bau der ersten Kläranlage am Langendreer Bach im Bereich der damaligen Zeche Mansfeld, mit sogenannten Emscherbrunnen und nachfolgenden Absetzbecken zur Kohleschlammgewinnung. Die Ausmauerung der Sohle, das Regelprofil sowie der geradlinige Verlauf sind in Abbildung zu erkennen. 1935 wurde eine Entphenolungsanlage in Betrieb genommen. Neben der Reinhaltung der Gewässer stand natürlich auch die wirtschaftliche Nutzung des Rohstoffes Phenol zur Weiterverarbeitung im Vordergrund.
Ab Ende der 1950er Jahre kam es zu ersten Zechenschließungen, bis 1968 das letzte Bergwerk, Robert Müser, im Einzugsbereich des Harpener Bach stillgelegt wurde. Die ehemaligen Zechen-Klärteiche, die heutigen Harpener Teiche sowie der Ümminger See, wurden 1976 zu Freizeitgewässern umgestaltet und der Harpener Bach im verbliebenen Freiraum, der als regionaler Grünzug planerisch gesichert ist, mit einem Wegesystem zur Naherholung versehen (Interkommunale Arbeitsgemeinschaft Regionaler Grünzug E 1995).
Heutiger Gewässerzustand
Der Harpener Bach zeigt aktuell noch naturnahe Biotopstrukturen im Bereich der Quellregion sowie im anschließenden Naturschutzgebiet Oberes Harpener Bachtal, mit Gehölz- und Waldbereichen (Interkommunale Arbeitsgemeinschaft Regionaler Grünzug E 1995). An der Landesmessstelle bei Haus Holte, Kilometer 10,5; entspricht er seinem NRW-Leitbild (LUA 1999), dem des kleinen Talauebachs im Deckgebirge. Wenig später treten auch optisch erkennbare Beeinträchtigungen durch Eisenockereinträge aus einer nahen Bergehalde bei km 9,5 auf.
Im weiteren Verlauf wird der Harpener Bach durch Verkehrs- (A 40) sowie umfangreiche Siedlungs-, Industrie- und Gewerbeflächen mit entsprechenden Einleitungen aus Regenüberlaufbecken (RÜB) und Mischwasserentlastungen fortlaufend belastet. Sein Ausbau ist in Sohle und Ufer durch Rasengittersteine gekennzeichnet. Die größte stoffliche und frachtmäßige Belastung erfährt der Harpener Bach mit der Grubenwasser-Einleitung Robert Müser bei Kilometer 8,6 im Zuge der Harpener Teiche, die sich von Kilometer 8,9-8,1 erstrecken. Es handelt sich um eine sogenannte Ewigkeitslast des Steinkohlenbergbaus, der hier bis zu 8,7 Millionen m³ im Jahr einleiten darf, gleichbleibend mit einer Temperatur von über 20°. Die durchschnittliche Einleitmenge beträgt weniger als 300 l/s, darf bis zu 600 l/s betragen (Stadt Bochum 2008). An der Einleitungsstelle, die blau-türkis gefärbt ist und in Luftbildern deutlich zu erkennen ist, finden sich daher marine tropische Algen. Die Grubenwasser-Einleitung macht nahezu 90 % des Wasserdargebots im Harpener Bach System aus (Stadt Bochum 2014). Die chemische Analyse der Zusammensetzung zeigt eine extreme Natriumchlorid-konzentration von 2,2 g/Liter, Calcium- von 153; Sulfat- von 132; Hydrogencarbonat- von 842 sowie einer Nitrat-Konzentration von 0,35 mg/Liter.
Im weiteren Verlauf des Harpener Bach-Hauptlaufes gibt es bei Kilometer 7,9 einen etwa 30 m langen Durchlass unter einer Bahnstrecke, dem sich nach unterhalb wieder ein naturnaher Abschnitt anschließt. Bei Kilometer 7,5 kommt es an einem Absturz wegen der hohen Sulfat-Frachten infolge der Grubenwassereinleitung zur Sinter-Bildung. Nachfolgend beginnt eine extrem lange Verrohrung von über 600 m unterhalb von DB-Strecken (s. Abb. 8 rechts im Hintergrund) sowie einer Autobahn-Anschlussstelle (A 43).
Nach Austritt aus dieser Verrohrungsstrecke verläuft der Harpener Bach bei Kilometer 6,6 in einem ausgeprägten Kastenprofil und erreicht bei Kilometer 6,1 den Ümminger See, den er nach 700 m Durchflusslänge wieder verlässt. Unterhalb dieser Stelle mündet der Langendreer Bach ein. Wenige Kilometer weiter unterhalb durchfließt er die Kläranlage Bochum-Harpener Bachtal mit Schönungsteichen bei Kilometer 1,7; um dann in die Ruhr bzw. den Kemnader Stausee bei Kilometer 1,1 zu münden. Durch den 1978 gebauten Kemnader Stausee (Interkommunale Arbeitsgemeinschaft Regionaler Grünzug E 1995), einem reinen Freizeitsee, wurde der Harpener Bach-Lauf um 1,1 km verkürzt.
Hydromorphologie
Die Ausweisung der Oberflächen Wasserkörper nach EG-WRRL kategorisiert sowohl den Harpener Bach (Wasserkörper-ID 27692_0) als auch den Langendreer Bach (276924_0) nahezu komplett als erheblich veränderte Wasserkörper (MULNV 2019). Nur der Oberlauf des Harpener Bach (27692_9061) ist als natürlicher Wasserkörper ausgewiesen. Die Gewässerstrukturgütekartierung von 2012 spiegelt dies auch wider, nur im Oberlauf finden wir noch gering bis mäßig veränderte Gewässerstrukturen. Im Bereich der erheblich veränderten Wasserkörper ist das Gewässer überwiegend vollständig verändert (MULNV 2019).
Biologie
Die Ergebnisse des biologischen Monitorings für das Modul allgemeine Degradation zeigen im 4. Monitoringzyklus (2015-2018) der WRRL ebenfalls nur die Bewertungsstufe „schlecht“ (MUNLV 2009). Auch im Oberlauf ist aufgrund der stofflichen Belastungen wegen des Ausblutens von Altlasten, der Zustand als „mäßig“ eingestuft. Die Bewertung des ökologischen Zustandes bzw. des ökologischen Potenzials wird für alle Wasserkörper ausnahmslos mit „schlecht“ angegeben (MULNV 2019). Erschwerend kommt hinzu, dass am Langendreer Bach keine permanente Wasserführung vorliegt, sondern das Gewässer im Mittellauf komplett in einem Mischwasserkanal geführt wird, und nur bei Niederschlägen eine Wasserführung aufweist.
Bisher umgesetzte Maßnahmen
Am Gerther Mühlenbach wurde 2019 die Altlastensanierung mit der Bachsohlen-Abdichtung, Neubau eines Stauraumkanals sowie Neubau eines Bioreaktors mit Pflanzenkläranlage zur Grundwasser-Dekontamination durch die Stadt Bochum mit Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen in Betrieb genommen. 2020 erfolgte am Kirchharpener Bach der Neubau eines RÜB durch den Ruhrverband.
Die Harpener Teiche weisen eine Ausdehnung von etwa 6,5 ha (Stauvolumen ca. 70.000 m3) sowie der Ümminger See von 10,4 ha (100.000 m3) auf. Diese Stillgewässer werden zurzeit noch komplett vom Harpener Bach durchflossen. Eine erstellte Wasserbilanz hat gezeigt, dass beide Stillgewässer ohne die Grubenwassereinleitung (nahezu 90 Prozent des Wasserdargebots) austrocknen würden. Die weit überwiegende Quelle der Gesamtphosphorbelastungen sind mit 75 Prozent die Mischwasserabschläge (Stadt Bochum 2008). Ebenso hat sich durch Begutachtung gezeigt, dass ohne die Grubenwassereinleitung häufig kritische Sauerstoffkonzentration und ein deutlicher Anstieg der Ammoniakkonzentration zu befürchten sind.
Seit 2023 ist eine Verbindungsleitung, die sogenannte Grubenwasser-Leitung, die im ersten Bauabschnitt die Harpener Teiche mit dem Ümminger See verbindet, fertiggestellt. 
Schema der begonnen und geplanten Maßnahmen am Ümminger See, Quelle: verändert nach Stadt Bochum (2014 und 2018)
2024 wurde auf der jeweiligen Westseite der Stillgewässer ein Umgehungsgerinne für den Harpener Bach angelegt und somit die fließende Welle aus den Stillgewässern herausgenommen. Es gibt eine Gewässerneutrassierung mit gewundenem Gewässerverlauf, wie im Umsetzungsfahrplan zur Wasserrahmenrichtlinie vorgesehen, für den natürlichen Mittelwasserabfluss, der kleine bis mittlere Mischwasserentlastungen aufnehmen kann. Hochwasserspitzen mit dann stark verdünnten Mischwasserentlastungen werden mittels Wasserweichen in die Harpener Teiche bzw. den Ümminger See zur Rückhaltung eingeleitet (Stadt Bochum 2018).
Geplante Maßnahmen
In einem späteren, zweiten Bauabschnitt wird das Grubenwasser vom Ümminger See bis zu Ruhr geleitet und somit die Entflechtung vollständig abgeschlossen sein.
Des Weiteren ist ein Gewässerumbau des Harpener Bach-Unterlaufs von der Kläranlage bis zur Mündung in die Ruhr mit der Teilaufgabe der Schönungsteiche durch den Ruhrverband vorgesehen. Im Rahmen der Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ soll die Entflechtung und abschnittsweise Öffnung des Langendreer Baches realisiert werden.
Durch die Sanierung von Altlasten, der Herausnahme des Grubenwassers aus dem Fließgewässersystem sowie der weitgehenden Beseitigung stofflicher sowie hydraulischer Missstände scheint das Erreichen des guten Potenzials im Harpener Bach-System auch mit den in Zukunft noch umzusetzen Maßnahmen möglich.